BID als Schritt zur Lösung!

Attraktive Gemeindezentren:

BID als Schritt zur Lösung!

Die Brillstraße in Esch, die Gemeindezentren in Clerf und Wiltz, die Fußgängerzone in Echternach, der Saarbrücker Ortsteil Burbach oder der Stadtteil „Bloor West Village“ in Toronto … die Aufzählung wäre ohne weiteres fortzuführen.

Wo liegt der Berührungspunkt der Brillstraße mit der Echternacher Haalergaas und zu Clerf und Wiltz? Und wo dann eine Verbindung zu dem saarländischen Burbach oder gar zum kanadischen „Bloor West Village“?

Die Ausgangslage.

Die Gemeindezentren, Geschäftsstraßen und Fußgängerzonen geraten zunehmend unter Druck. Außerhalb der Innenstädte „auf der grünen Wiese“ siedeln sich zunehmend neue Einkaufsmeilen an. „Convenience“, also zeitsparend, bequem, stressfrei alles erledigen, suggerieren die Einkaufsmeilen dem Kunden. Die Magnetwirkung solcher Mega-Shopping-Center auf die Bürger ist groß. Eine Attraktivitätsminderung der klassischen Gemeindezentren ist oftmals die Folge.

Geschäftsschließungen, sinkende Investitionen im öffentlichen Raum, ausgedünnter Branchenmix, Leerstände, Umsatzrückgang, Aufgabe kleinerer inhabergeführter Einzelhandelsbetriebe, sind Stichworte die nicht nur in der Brillstraße und in der Haalergaas zu hören sind.

Hier eine Trendwende zugunsten solcher Gemeindezentren zu erreichen, wird eine der wesentlichsten Herausforderungen zukünftiger Kommunalpolitik werden.

Das Modell „Bloor West Village“.

In Toronto, genauer im Stadtteil „Bloor West Village“ schlossen sich 1976 Geschäftseigentümer, Haus- und Grundbesitzer zusammen um gemeinsam ihren Standort aufzuwerten. Die Initiative entstand um einer geplanten Einkaufsmeile in direkter Nachbarschaft Paroli zu bieten. Die Bürger wollten ein lebendiges und lebenswertes Umfeld schaffen. Die Initiative hatte einen sensationellen Erfolg.

Von Kanada aus gelangte die Idee in die Vereinigten Staaten und sehr schnell zeigte sich, dass das Modell zu einer der erfolgreichsten Methoden zur Revitalisierung und Stärkung innerstädtischer Geschäftsbereiche wurde. Zügig wurden in beiden Ländern Gesetze erlassen die diese Bürger-Initiativen förderten und stützen.

Ein nicht unwichtiges Argument das zum raschen Erfolg des Modells führte, war die Tatsache, dass die entstehenden Kosten überschaubar waren und durch die allgemeine Wertsteigerung des Standortes und die Erhöhung der Kundenfrequenz mehr als ausgeglichen wurden.

Die Erfolgsstory ging weiter: Australien, Neuseeland, Südafrika, Brasilien, Jamaika überall dieselben positiven Erfahrungen. Über Großbritannien gelangte dann vor etwa 5 Jahren das Modell aufs europäische Festland.

Die „Zauberformel“.

Business Improvement Districts (BID) heißt die „Zauberformel“.

Eigentlich konnte die Idee nur in angelsächsischen Ländern entstehen. Ein solches BID fußt auf Eigeninitiative, Selbstverpflichtung und Bürgerengagement, wesentliche Pfeiler in der gesellschaftspolitischen Einstellung dieser Länder.

Die Grundzüge des Modells aus „Bloor West Village“ sind bis heute im Kern gleich.

Bürger legen gemeinsam einen Bereich (District) fest, denn sie als Geschäfts- und Wohnraum aufwerten (Business Improvement) wollen. Dieser Bereich kann ein Stadtteil, ein Gemeindezentrum, eine Geschäftsstraße oder etwa eine Fußgängerzone sein.

Nun wird durch die Beteiligten ein Arbeits- und Aktionsprogramm festgelegt. Klar definiert werden hierbei auch eine Budgetvorlage und das finanzielle Engagement jedes Einzelnen.

Nun kommt die Stadt oder Gemeinde ins Spiel: Die Bürger prüfen ob ihre Vorstellungen nicht doppelgleisig mit Initiativen der öffentlichen Hand laufen. Die Stadt oder Gemeinde hat keinerlei Weisungsbefugnis am Programm der Bürger, sie hat eine begleitende und unterstützende Funktion.

Ein solches BID-Projekt ist immer zeitlich begrenzt. In der Regel werden zwischen 3 und 5 Jahren veranschlagt. Schon die ersten Erfahrungswerte zeigten, dass ein solches BID von mindestens 20-30 Beteiligten durchgeführt werden sollte.

Die „Trittbrettfahrer“ gibt es nicht.

Eine destruktive Wirkung hätten in solchen Projekten die sogenannten „Trittbrettfahrer“, also jene Spezies die zwar in den Genuss der Vorteile kommen wollen, hierfür aber keinen Beitrag zu leisten bereit sind.

Dessen war man sich von Anfang an bewusst. Die Regelung die gefunden wurde, war eigentlich einfach: Die Politik übernahm Verantwortung und schaffte einen gesetzlichen Rahmen. Falls eine Mehrheit der betroffenen Bürger sich für eine solche BID-Initiative ausspricht, ist das Projekt beschlossen. Dann kann keiner der Anlieger sich mehr drücken, auch bei der finanziellen Beteiligung nicht. Dieser Grundgedanke wird in gleicher oder ähnlicher Form weltweit angewandt.

Ganz wichtig und entscheidend für den Erfolg waren diese gesetzlichen Bestimmungen und die kommunalen Regelungen um den organisatorischen Rahmen vorzugeben. So erhielten die Projekte bei den Planungen eine wichtige Absicherung. Gerade in dieser Absicherung lag eine Art Turboeffekt, er zeigte sich durch einen gesteigerten Einsatzwillen der Beteiligten. Als positiver Nebeneffekt stellte man fest, dass die Bürger sich sehr stark mit „ihrem“ Umfeld identifizierten.

Das Burbach-Projekt.

In Deutschland stößt das Modell auf immer größeres Interesse. Nicht von ungefähr, dass eine Vereinigung wie der deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) Anhänger dieser BID-Idee ist: „Die deutsche Industrie- und Handelskammerorganisation begrüßt die Einrichtung von Business Improvement Districts, BIDs. Sie sind ein erfolgsversprechendes städtebauliches Instrument zur Attraktivitätssteigerung, Stärkung und Revitalisierung von Innenstädte und Stadtteilzentren. Es sind private Eigeninitiativen von Unternehmern vor Ort, Einzelhändlern, Grundeigentümer, Gastronomen, Dienstleistern, die sich in einer besonderen Form von Public Private Partnership (PPP) neu organisieren.“

So wären wir in Burbach.

Der Stadtteil Burbach der Landeshauptstadt Saarbrücken war geprägt durch die Umstrukturierung der Stahlindustrie, hoher Arbeitslosigkeit, schneller Entwertung der Häuser sowie Grundstücken und einem Niedergang des örtlichen Einzelhandels. Trotz einer gelungenen Umwandlung der Altindustriestandorte zu modernen Gewerbezonen, haftete Burbach ein Negativimage an.

Im September 2007 beschloss der saarländische Landtag ein Gesetz „zur Schaffung von Bündnissen für Investitionen und Dienstleistung“. Als Grundsatz und Ziele des Gesetzes sind festgelegt: „Mit diesem Gesetz wird angestrebt, die Standortqualität und Attraktivität von Innenstädten, Stadtteil- und Gemeindezentren zu verbessern und zur Förderung der Wirtschaft beizutragen. Grundstückseigentümer und anderen Betroffenen vor Ort soll zu diesem Zweck ein rechtlicher Rahmen zur Verfügung gestellt werden, damit sie in Eigenverantwortung Bündnisse für Investitionen und Dienstleistung gründen und in eigener Organisation und Finanzverantwortung umfeldverbessernde Maßnahmen durchführen können.“

Dieses Gesetz war die Initialzündung für die Gründung der BID-Burbach. Die Verantwortlichen des Projektes sind voller Motivation. Klar für die Burbacher, dass die Initiative bei den Grundeigentümern und den Gewerbetreibenden liegt. Sie legen fest, was in ihrem Bereich zu tun ist. Vom Blumenschmuck und dessen Pflege über eine entsprechende Beleuchtung für die Geschäfte, einem Schaufensterwettbewerb bis zu einer Vermietungsoffensive gegen Leerstände, einer besseren Nutzung der vorhandenen Parkplätze bis zur Erneuerung des Straßenmobiliars, der Gestaltung flotter Eingangsbereiche bis hin zur professioneller Werbung. Die Bandbreite möglicher Initiativen ist fast unbegrenzt. Die Burbacher erwarten sich viel von ihrem Projekt eines Business Improvement District.

Das Rechenbeispiel.

Auch wenn der Kosten-Nutzen-Effekt durch konkrete Beispiele mehr als positiv bewiesen ist, werden bei der finanziellen Beteiligung die Diskussionen immer etwas animierter.

Versuchen wir doch einfach folgende absolut realistische Rechnung.

50 Beteiligte schließen sich zu einem BID-Bündnis über 5 Jahre zusammen. Sie legen aufgrund eines Aktionsprogramms den monatlichen Beitrag auf 100€ fest. Die Basisfinanzierung beträgt somit über die 5 Jahre 300.000€. Nun gibt die Gemeinde einen Zuschuss in Form der für den BID-Bereich aufgehobenen Grundsteuer. Schätzen wir mal dies wären über die 5 Jahre 150.000€. Nun gibt der Staat in einer Pilotphase von 5 Jahren einen Zuschuss von insgesamt 50.000€.

So hätte mit diesem Rechenbeispiel unsere Initiative über 5 Jahre verteilt insgesamt 500.000€ zum eigenen Gestalten ihres direkten Umfeldes.

Die Einwohner der Brillstraße, der Haalergaas, die Interessierten in Clerf und Wiltz können nun ihr eigenes Rechenbeispiel tätigen.

Unvorstellbar was mit diesen Mitteln bewegt würde!

Das Fazit.

Eigentlich einfach. Erfahrungswerte zeigen, dass es öffentlicher rechtlicher Formen, also Gesetzgebungen und kommunaler Regelungen bedarf, um einem Business Improvement District zum Erfolg zu verhelfen.

Die Politik müsste aufgrund unübersehbarer Probleme im innerstädtischen Bereich und gestärkt durch die guten und konkreten Erfahrungen im Ausland, schnellstmöglich den gesetzlichen Rahmen für luxemburgische BIDs schaffen.

Betroffene Gemeinden könnten sofort mit dem Werben für diese Form des „Public Private Partnership“ beginnen. Sie könnten die Gründung einer lokalen BID vorantreiben.

Einem Meinungsaustausch, einer Zusammenarbeit, gar der Gründung eines Interessenverbandes durch interessierte Bürger steht nichts im Wege. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Es geht schlicht und einfach um die Revitalisierung unserer Gemeindezentren. Dies sollte uns als Gesellschaft etwas wert sein.

Raymond Becker

Präsident der Intra Muros asbl

Echternach

Tageblatt      11 + 13.2.2009