Büchel ist überall !

atomwaffenfrei. JETZT !

Keynote der Stellungnahme von „QuattroPax“ anlässlich der Aktionswochen „20 Wochen gegen 20 Bomben“ am 2. Juni 2019 in Büchel.

Im Namen der grenzüberschreitenden Friedensinitiative „QuattroPax“, einem Zusammenschluss von 9 Friedensgruppen aus 4 Ländern, dies aus der Provinz Luxemburg in Belgien, aus Lothringen und den Vogesen in Frankreich, aus Luxemburg, dem Saarland und Rheinland-Pfalz aus Deutschland, möchte ich allen Initiatoren, Organisatoren und Beteiligten der Aktionen um Büchel unseren Respekt und unsere Unterstützung übermitteln. Wir gratulieren mit großer Sympathie den Preisträgern der Aachener Friedenspreises 2019 dem Initiativkreis gegen Atomwaffen in Büchel, namentlich Elke Koller, und die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt, namentlich Marion Küpker.

Die “Doomsday Clock”, die Weltuntergangsuhr von Wissenschaftlern des „Bulletin of the Atomic Scientists“, tickt weiter. Dieses symbolische Warnsystem zeigt seit 1947 an, wie groß die Gefahr einer nuklearen Katastrophe ist. Der Zeiger steht 2019 so kurz vor Zwölf wie seit 1953 nicht mehr. Damals tobte der Korea-Krieg, die USA und die Sowjetunion lieferten sich einen Wettlauf um die Wasserstoffbombe. So düster wie damals erscheint den Doomsday-Forschern die Sicherheitslage heute auch wieder: “Es ist zwei Minuten vor Mitternacht”, schreiben sie. Die Welt war schon mal ein großes Stück weiter. 1991, kurz nach dem Ende des Kalten Krieges, zeigte die Uhr noch 17 Minuten vor Zwölf an.

Wir wissen, dass seit dem Ende des sogenannten „kalten Krieges“ die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung zwischen den Großmächten nie so hoch war. Es gibt im Moment kein funktionierendes Rüstungskontrollforum mehr, wie es selbst in der Hochphase des Kalten Krieges der Fall war; Rüstungsausgaben explodieren; immer automatischere und präzisere Waffensysteme, werden entwickelt; Gedankenkonstrukte begrenzter Nuklearkriege sind konkret. Das Miteinander-Reden, Multilateralismus, Dinge, die für Abrüstungsschritte dringend benötigt würden, spielen keine Rolle mehr. Militärische Eskalation wird wieder bewusst gefördert.

Im Gegensatz zu Landminen, Streubomben, chemischen und biologischen Waffen gibt es aktuell noch kein international gültiges Verbot von Atomwaffen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war der Beschluss des internationalen Abkommens zum Verbot von Atomwaffen im Juli 2017 bei den Vereinten Nationen in New York. Der Vertrag liegt nun zur Unterschrift und Ratifizierung auf. Die Chancen stehen sehr gut, dass dieser Vertrag mit den erforderlichen 50 Ratifizierungsstaaten in absehbarer Zeit in Kraft tritt.

70 Staaten haben den Vertrag derzeit unterschrieben, 23 ratifiziert. Die Chancen stehen gut, dass dieser Vertag nachdem 50 Staaten ratifiziert haben, 2020 in Kraft tritt.

Für das Internationale Rote Kreuz sind Atomwaffen die schrecklichsten Waffen, die je erfunden wurden: Es gibt keine Waffen, die mehr Zerstörung anrichten, keine Waffen verursachen so viel unsägliches menschliches Leid und weder die Ausbreitung des radioaktiven Niederschlags noch die Dauer der Folgen können in irgendeiner Weise gesteuert oder aufgehalten werden.

Explodierte eine Atombombe in einer Stadt, würden zehntausende Menschen auf der Stelle getötet, zehntausende weitere würden entsetzliche Verletzungen erleiden und später aufgrund der radioaktiven Strahlung sterben.

Zusätzlich zur umfassenden unmittelbaren Auslöschung von Menschenleben würde ein Atomkrieg langfristigen Schaden auf unserem Planeten anrichten. Er könnte das Ökosystem der Erde tiefgreifend stören und die Temperaturen durch den nuklearen Winter auf der ganzen Welt zum Absinken bringen, was zu weltweiten Nahrungsmittelengpässen führen würde.

Dabei gibt es keine Hoffnung auf Hilfe. Ärzte haben keine Möglichkeit, Verletzte zu versorgen. Helfer werden bei Atomwaffeneinsätzen selbst zu Opfern.

Die Friedensbewegung ist der Ansicht, dass sich Atomkriege nicht durch die Anhäufung oder Modernisierung von Atomwaffen oder Gedankenspiele einer begrenzten Einsatzfähigkeit verhindern lassen – Nein – Nur die völlige Abschaffung dieser mörderischen Waffen verhindern eine atomare Kriegskatastrophe.

Dass ein Atomwaffeneinsatz völkerrechtswidrig sei, urteilte der Internationale Gerichtshof in Den Haag bereits 1996. Aufgrund eines von den Vereinten Nationen eingeleiteten Gutachter-Verfahrens lautete die Kernausage der Richter: „Die Androhung des Einsatzes und der Einsatz von Atomwaffen verstoßen generell gegen das Völkerrecht und im Besonderen gegen die Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts.“

Daher verlangen wir von unseren Regierungen in Sachen Atomwaffen:

  • Resolutes Handeln damit der Atom-Teststopp-Vertrag aus dem Jahre 1996 endlich in Kraft tritt. Über 2.000 Atomwaffentest wurden bis dato durchgeführt.
    Am letzten Montag, beispielsweise stellte der Bürgermeister Hiroshimas Matsui Kazumi, dem amerikanischen Präsidenten eine Protestnote betreffend einen rezenten subkritischen nuklearen Test zu. Dieser Test verstößt nach Angaben der Mayors for Peace gegen diesen Vertrag. Sein Schlusssatz in dieser Protestnote verdeutlicht eigentlich alles: „ I urge you to fully understand the actual damage wrought by a single bomb and our hibakuscha‘s (die Überlebenden der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki) experiences, share in the spirit of Hiroshima which calls for world peace, and strive for a world without nuclear weapons based on reason.“
  • Pochen auf die strikte Umsetzung des Atomwaffen-Sperr-Vertrags. Dieser Vertrag verpflichtet die Atommächte zu vollständiger nuklearer Abrüstung und im Gegenzug die Nicht-Kernwaffenstaaten zum Verzicht auf Nuklearwaffen.
  • Verhandlungen über ein Verbot der Herstellung von direkt waffentauglichem spaltbarem Material wären dringend in die Wege zu leiten.
  • Ein klares Bekenntnis zum Erhalt und Verbesserung des INF-Vertrages. Falls keine Initiativen unternommen werden wird Ende Juli dieses Jahres der Vertrag Geschichte sein. Welch eine Katastrophe, denn genau dieser Vertrag beendete vor 30 Jahren eines der gefährlichsten Kapitel des kalten Krieges. Ohne diesen Vertrag werden neue Mittelstreckenraketen in Europa wieder Realität.
  • Das resolute Drängen für eine Dynamisierung und Verlängerung des sogenannten New-Start-Vertrags, ein Vertrag zwischen den USA und Russland zur Verringerung strategischer Waffen. Ohne öffentlichen Druck für eine Verlängerung läuft dieser Vertrag 2021 aus.
  • Die Unterzeichnung und Ratifizierung des Atomwaffen-Verbotsvertrags der Vereinten Nationen.

Was erwarten wir von unseren Kommunen in Sachen Atomwaffen:

  • auch sie haben eine Verantwortung in dieser Sachfrage. Sie können es alle den Städten und Kommunen wie Mainz, Köln, München, Dortmund, Bremen Schwerin oder Düsseldorf gleichtun und den ICAN-Städteappell in den jeweiligen kommunalen Parlamenten zur Diskussion stellen und annehmen.
  • so können sich als Bürgermeister*in, der Initiative „Mayors for Peace“ anschließen und somit dieses Netzwerk durch konkrete Initiativen vor Ort stärken. Eine Welt ohne Atomwaffen bis zum Jahr 2020 ist die Devise der Mayors for Peace.

Wir wollen keine Atomwaffen in Büchel, Klein-Brogel, Volkel, Aviano, Ghedi-Torre und Incirlik. Die Zahl der US-Atomwaffen in Europa wird auf rund 240 geschätzt. Hinzu kommen die französischen und britischen Arsenale.

Und wir wollen auch keine russischen taktischen Atomwaffen auf dem Territorium des Kontinents Europa.

Wenn man sich mit der Mainstream-Stimmungslage der lokalen Bevölkerung und der politisch Verantwortlichen anhört, kommen ganz schnell zwei Themen in den Vordergrund. Dies gilt nicht nur für Büchel davon bin ich überzeugt, sondern auch für viele der anderen Atombombenstandorte Europas.

Für viele Menschen in der Region ist nicht nachvollziehbar warum über die Atombomben, die „20 Eier“, die hier lagern, so großer Aufstand gemacht wird. Und überhaupt am Fliegerhorst wären rund 2.000 Menschen beschäftigt, dies müsse auch beachtet werden.

Erstens: Im Fliegerhorst lagern Atombomben die einzeln die zig-fache Sprengkraft der Hiroshimabombe besitzen. Es sind dies Atombomben aus der Zeit als die Atomwaffendoktrin noch hieß: Wer als erster schießt, stirbt als zweiter.

Die Atomwaffenstaaten investieren derzeit Milliardenbeträge, um ihr Atombombenarsenal zu überholen. Genau hier kommen wir zum Kern der Befürchtungen von Friedensforschern und Abrüstungsbefürwortern. Es ist die leichtere Einsetzbarkeit der neuen Atombomben. Mit den neuen Atombomben wird die Hemmschwelle zum Einsatz gesenkt. Es ist der Fähigkeiten-Mix der diese modernisierten Bomben so gefährlich macht: Einstellbare Sprengkraft, höhere Zielgenauigkeit und größere Zerstörungswahrscheinlichkeit bei zugleich weniger unbeabsichtigten Begleitschäden. Das mache den Einsatz verlockender. Atombomben werden wieder als effektives Mittel der Kriegsführung betrachtet und es werden deshalb auch wieder entsprechende Einsatzplanungen entwickelt.

Der Leitsatz der 60ger Jahre „Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter“ wird somit obsolet.

Die Atombomben in Büchel sollen modernisiert werden, sie sind in einer neuen nuklearen Doktrin als Mittel einer Kriegsführung geplant. Büchel wird mit den moderneren Waffen ein Ziel für einen Präventivschlag.

Dies sollten all jene subtiler analysieren als die vereinfachte „20 Eier“-Argumentation.

Zweitens: Die Arbeitsplätze. Man kann doch heute nicht mehr Arbeitsplätze an Atombomben oder Waffenlieferungen festmachen.

Man sollte sich hier ganz in der Nähe in Trier und Bitburg umhören. Als dort die Truppenabzüge beschlossen wurden, argumentierten ebenfalls welche mit den Arbeitsplätzen und dem Untergang der Region. Kuckt euch Trier und Bitburg doch heute mal an.

Und noch was, wenn eine Regierung eine Gemeinde und Region während Jahrzehnten auf ihren „20 Eiern“ rumsitzen ließ um anscheinend den Frieden zu sichern, diese Strategie aber obsolet wird, dann muss eine Regierung, die Ende des letzten Jahrzehnts, Milliarden für die Rettung der Banken oder korrekter ausgedrückt für die Rettung des neoliberalen Systems aufbrachte, fähig sein, in diese Region mit innovativen, zukunftsträchtigen Investitionen zu punkten.

Martin Luther King prägte das Zitat: „We must all learn to live together as brothers or we will all perish together as fools“.

Mahatma Gandhi sagte aus eigener Erfahrung: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“

Als Friedensbewegung bekämpfen sie uns. Wenn es uns gelingt Themen wie soziale Ungerechtigkeit, Klimawandel, Artensterben und Rüstungswahn als Facetten ein und derselben Medaille darzustellen, werden wir gewinnen.

Dies ist die Herausforderung!