Atomarer Wahnsinn: Die verdrängte Gefahr.

Die deutsche Politökonomin Maja Göpel verdeutlich immer wieder, dass das World Economic Forum (WEF), die CEO’s, die höchsten Entscheidungsinstanzen auf Managementebene und wirtschaftlichen Entscheider der Welt, inzwischen sagen: Von den Top 6 globalen Risiken für die Menschheit sind 5 ökologisch und das 6. Massenvernichtungswaffen. Da müsste die Zeit doch eigentlich vorbei sein, wo nur um den „heißen Brei“ herumgeredet wird.

Jüngste Berichte des Weltklimarates IPCC und Stellungnahmen der Vereinten Nationen, verdeutlichen mit schonungsloser Offenheit, dass die Menschheit ohne einschneidende Maßnahmen in eine desaströse Klima-Katastrophe rennt. Allzu viele wenden aufgrund dieser Fakten die bekannte „Vogel-Strauß-Politik“ an. Mal einfach den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass es irgendwie schon werden wird. Es wird aber ohne konsequentes Handeln nicht irgendwie schon werden.
Dies gilt auch für das 6. menschheitsgefährdende Risiko, die Massenvernichtungswaffen. Wir verdrängen die reale Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen, wir verdrängen einen möglichen Atomtod.

Skulptur bei den Vereinten Nationen vom Heiligen Georg, der den Drachen tötet. Der Drache ist zusammengesetzt aus Fragmenten der Sowjetischen SS-20 und von US-Pershing Missiles. (UN Photo/Milton Grant)
Skulptur bei den Vereinten Nationen vom Heiligen Georg, der den Drachen tötet.
Der Drache ist zusammengesetzt aus Fragmenten der Sowjetischen SS-20 und von US-Pershing Missiles.
(UN Photo/Milton Grant)

Vor 35 Jahren, am 26. September 1983, hätte diese Welt beinahe geendet. Der Stress muss enorm gewesen sein: Heulende Sirenen, blinkende Lampen, hektische Aufgeregtheit im Bunker, sein Computer der ihm meldete, dass 5 US-Atomraketen sich mit dreifacher Schallgeschwindigkeit der damaligen Sowjetunion nähern. In 20 Minuten würde die Apokalypse eintreffen. Der sowjetische Oberst Stanislav Petrov handelte auf eigene Verantwortung richtig und meldete dies als falschen Alarm. Ein technischer Defekt hatte die gefährliche Lage ausgelöst. Eine Fehleinschätzung dieser Situation hätte katastrophale Folgen gehabt. Als Reaktion, wären mithilfe einer nicht zu stoppenden digitalisierten Abfolge von Programmen, ein nuklearer Gegenschlag auf die USA mit hunderten von Atomwaffen eingeleitet worden. Wir wären heute nicht mehr hier, um uns an dieses Ereignis zu erinnern.

Dieser 26. September, wurde 2013 seitens der Vereinten Nationen zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Atomwaffen erklärt, exakt zum 30. Jahrestag von Petrovs „Wegwischen“ der Apokalypse.

Ein nuklearer Krieg ist heutzutage nicht auszuschließen.

Wer hieran zweifelt, sollte sich das neuste Buch „Peril“ des Investigativjournalisten Bob Woodward und dem Korrespondenten der „Washington Post“ Robert Da Costa mal zu Gemüte führen. Die Journalisten enthüllen in einem pikanten Detail wie der US-Generalstabschef Mark Milley, geheime Vorkehrungen getroffen hat, um die rechtmäßige Befehlsgewalt des damaligen Präsidenten Donald Trump über Atomwaffen einzuschränken.

Nicht umsonst steht die sogenannte Atomkriegsuhr (Doomsday clock) auf 100 Sekunden vor Mitternacht, dem Ende der Zivilisation. Die symbolische Uhr der renommierten Zeitschrift „Bulletin of the Atomic Scientists“ soll in der Öffentlichkeit verdeutlichen, wie groß das Risiko einer weltweiten Katastrophe, insbesondre durch einen Atomkrieg und einer Klimakatastrophe ist. Seit ihrer Veröffentlichung im Jahre 1947, stand die Uhr noch nie so nahe an Mitternacht.

Neun Länder (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea) besitzen heute noch 13.080 Atomwaffen. Weitreichende Modernisierungsprogramme dieser Massenvernichtungswaffen sind überall an der Tagesordnung. 100 Milliarden Dollar jährlich, Tendenz steigend, werden für diesen atomaren Wahnsinn ausgegeben. Modernisierung bestehender Trägersysteme, zielgenauere Atomwaffen, Hyperschallraketen, Krieg im Weltall, führen zu einem radikalen Wandel in der Kriegsführung. Besonders Informationskriegsführung und Cyberattacken stellen eine völlig neue Dimension dar.
Zudem macht revolutionäre Militärtechnik es möglich, dass Künstliche Intelligenz (KI) autonom einen Atomschlag auslösen könnte. Rüstungsexperten sehen in den USA und Russland, jene Mächte welche über 90% aller Atomwaffen besitzen, konkrete Bestrebungen, „dass bei der nuklearen Kommando- und Kontrollkette KI-Systeme zum Einsatz kommen.“ Eine fatale Entwicklung. Die Fragestellung sei erlaubt, ob eine KI vor 35 Jahren in der Einschätzung der Lage ähnlich reagiert hätte wie der sowjetische Oberst.

Wir befinden uns in einem rasenden Wettlauf um immer intelligentere und schnellere Waffen. In diesem völlig neuen Umfeld ergibt die Strategie der nuklearen Abschreckung keinen Sinn mehr, sie wird immer mehr zu einem Sicherheitsrisiko.

Zum diesjährigen Internationalen Tag zur Abschaffung der Atomwaffen gilt es die Forderungen der Friedensbewegung an die luxemburgische Regierung zu bekräftigen:

  • Sich dem Anliegen der 62 luxemburgischen „Mayors for Peace“-Gemeinden anzunehmen und für eine atomwaffenfreie Welt einzutreten;
  • Dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beizutreten;
  • Zumindest als Beobachter an der in Wien stattfindenden ersten Überprüfungs-Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrages teilzunehmen;
  • Sich für ein atomwaffenfreies Europa, von der Atlantikküste Portugals bis zum Uralgebirge in Russland einzusetzen;
  • Für einen Abzug der Atombomben aus unserer Großregion in Büchel (D) und in Klein-Broghel (B) einzustehen;
  • Bei der anstehenden 10. Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages der Vereinten Nationen, mindestens die Vorschläge der „Stockholm-Initiative: A Nuclear Risk Reduction Package“ einfordern;
  • Für eine No-First-Use Politik der mörderischen Atomwaffen aller Nuklearmächte plädieren;
  • Sich in den Debatten innerhalb der aktuell stattfindenden 76. Generaldebatte der Vereinten Nationen, eindeutig zum Bericht des UN-Generalsekretärs „Our Commun Agenda“ zu bekennen und die Bedeutung einer weltweiten Abrüstung und das weltweite Verbot der Atomwaffen hervorheben.

„Solange es Massenvernichtungswaffen gibt, vor allem Atomwaffen, ist die Gefahr imminent. Alle Länder sollten sich darauf einigen, diese Waffen zu zerstören. Um uns selbst und unseren Planeten zu retten.“

Michail Gorbatschow

Raymond Becker
Koordinationsteam
der Friddens- a Solidaritéitsplattform Lëtzebuerg