Wir stehen zum Völkerrecht!

Piquet „Stoppt de Krich“
Russesch Ambassade – Beggen
Keynote

30.3.22

Es ist schon ein verstörendes Gefühl, wenn man in Echternach lebt und seit Tagen Kampfflugzeuge zum Greifen nah am Himmel sieht, die mit donnerndem Getöse zum Alltag gehören.

Wir haben Krieg in Europa. Luftlinie knappe 1.000 Kilometer von Luxemburg entfernt.

Seit dem 24. Februar sind die Bilder nicht mehr zu ertragen. Diese Zerstörungswut, dieses Leid, dieses Elend, diese traurigen Flüchtlingsströme. Dieser brutale Angriffskrieg von Putin-Russland auf die Ukraine ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Zerstörte Krankenhäuser, bombardierte Wohngebiete, der Einsatz von geächteten Waffen. Es gibt deutliche Belege für Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Es ist ein blutiger Krieg auch gegen die Zivilbevölkerung.

Warum haben wir hier und heute um Unterstützung der Jugendorganisationen gebeten?

Ganz einfach: Dies kann und darf doch nicht euere Zukunft sein. Eine Welt voller Gier, Gewalt, Aggression, Zerstörung. Euere Zukunft kann doch nicht sein, dass unsere Gesellschaft glaubt, Sicherheit gäbe es nur mit immer mehr Waffen. Euere Zukunft kann doch nicht sein, dass die Weltgemeinschaft vor diesem Ukraine-Krieg schon 6x mehr für militärische Zwecke ausgab als für Klimaschutz. Euere Welt kann doch nicht sein, dass unsere Gesellschaft tatenlos zusieht, wie sich die sozialen Ungleichheiten rasant vergrößern.

Euere Welt muss eine Gemeinschaft sein, die sich an den Werten der Grundcharta der Vereinten Nationen orientiert. Euer Europa, muss doch in dieser Welt ein Kontinent sein, welcher sich in einem gemeinsamen europäischen Haus sicher fühlt.

Was für die Friedensbewegung sehr verstörend wirkt, ist nicht die Tatsache, dass alle unsere westlichen und uns nahestehenden Akteure wie Europäische Union, NATO, G7 (ein informeller Zusammenschluss bedeutender Industrienationen), vor wenigen Tagen über die horrende Situation in der Ukraine berieten. Verstörend war, dass von keinem dieser Gipfel auch nur ein Hauch einer Idee zu vernehmen war, wie Europa sich nach diesem Ukraine-Krieg und nach der Putin-Ära eine gemeinsame Sicherheitspolitik vorstellt. Rüstung, Rüstung, Rüstung war der eindeutige Tenor. Und wenn wir glauben fabulieren zu müssen, dass eine neue Weltordnung nur unter westlicher Führung zu organisieren sei, so kann dies gehörig in die Hose gehen.

Sicherheit wird es nie mit mehr Waffen geben.

Wir brauchen dringend eine Zivilgesellschaft, die für einen neuen Helsinki-Prozess einsteht, einen Prozess der innerhalb der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, eine neue Sicherheitsarchitektur zwischen Vancouver und Wladiwostok in die öffentliche Debatte bringt.

Unmissverständlich hier und heute: Raus mit den russischen Truppen aus der Ukraine, seriöse diplomatische Verhandlungen die zielorientiert geführt werden sind nun die Devise. Viele hoffen, dass in den letzten Stunden etwas Bewegung entstand. Bleiben wir aber wachsam, denn die Breite zwischen Sagen und Tun ist manchmal riesig.

Trotz aller kruden und absurden Rechtfertigungsversuchen des russischen Präsidenten, dieser Angriffskrieg ist durch nichts, rein gar nichts zu rechtfertigen.

Er kann sein Land mit noch so viel Technik gegen Nachrichten von außen abschirmen, um seinen irrsinnigen Krieg zu verschleiern, auf Dauer wird ihm das nicht gelingen.

Bertold Brecht formulierte mal: „Ich glaube an die sanfte Gewalt der Vernunft über die Menschen. Sie können ihr auf die Dauer nicht widerstehen. Kein Mensch kann lange zusehen, wie ich einen Stein fallen lasse und dazu sage: Er fällt nicht. Dazu ist kein Mensch im Stande. Die Verführung, die von einem Beweis ausgeht, ist zu groß. Ihr erliegen die meisten, auf die Dauer alle.“

Glauben an die sanfte Gewalt der Vernunft, dies hat auch etwas mit dem Völkerrecht zu tun. Dies hat auch etwas mit unserer symbolischen Aktion hier und heute zu tun.

Ein Völkerrecht, welches die Regeln des Verhältnisses von Staaten untereinander definiert. Als Basis des Völkerrechts dient die „Charta der Vereinigten Nationen“. In dieser Charta gelten ein allgemeines Gewaltverbot und ein absolutes Verbot eines Angriffskrieges. Wichtiger Bestandteil des Völkerrechtes ist ebenfalls die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen.

Hätte man sich in der Geschichte doch nur immer an eine der wichtigsten frühen Wurzeln des Völkerrechts gehalten, den Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) beendete. Damals wurden zwei Prinzipien formuliert, die noch heute das Völkerrecht bestimmen. Zum ersten: Die territoriale Integrität aller Staaten ist unbedingt zu achten. Zum zweiten: Die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ist verboten.

Mit dem Einhalten dieser schon vor 374 Jahren getätigten Prinzipien wären wir heutzutage ein gutes Stück weiter.

Es ist beschämend, dass je nach Gusto jeder und ich sage bewusst jeder, sich das Völkerrecht nach eigenem Gutdünken zurechtbiegt.

Wir dürfen uns die Werte der Vereinten Nationen, das Menschen- und Völkerrecht, nicht durch einzelne imperialistische Despoten, egal von wo sie herkommen, ruinieren lassen.

Wir wollen als Friedensbewegung mit der symbolischen Straßen-Namensänderung in „Rue du Droit international“ hier bei der Botschaft Russlands in Beggen, Zeichen setzen.

Ein Zeichen, dass die Friedensbewegung sich zu der Charta und Resolutionen der Vereinten Nationen bekennt.

Auch wenn es an dem Gebilde Vereinte Nationen vieles zu kritisieren und zu bemängeln gibt, bleibt die multilaterale Zusammenarbeit der Weltvölkergemeinschaft beim Menschen- und Völkerrecht ein wichtiger Bestandteil für das Erreichen einer friedlichen und solidarischen Welt.

In zwei Versammlungen der Vereinten Nationen wurden in diesem Monat März mit jeweils überwältigender Mehrheit zwei Resolutionen zur Ukraine verabschiedet. Die Forderungen an Russland waren klar und unmissverständlich. Selbstbestimmungsrecht und territoriale Souveränität für die Ukraine, stoppt diese Aggression, sofortiger Stopp von Angriffen auf Zivilpersonen und zivile Objekte, raus mit den Truppen, Diplomatie anstatt Krieg, waren Stichwörter dieser historischen Resolutionen.

Auch wenn Resolutionen der UN-Vollversammlung völkerrechtlich nicht bindend sind, haben sie dennoch ein politisches Gewicht und stellen ein sehr deutliches Zeichen dar: Die Weltgemeinschaft steht zu ihrer Gründungscharta und will eine friedliche Welt.

Ein weiteres Zeichen ist, dass man sich auch klar zu den beiden internationalen Gerichten in Den Haag und deren Rechtsprechung bekennen muss. Dies sind keine zahnlosen Tiger wie sie oft verspottet werden. Für uns sind dies Organe, die aufgrund vom Menschen- und Völkerrecht ihre Entscheidungen treffen.

Da ist zunächst der Internationale Gerichtshof (IGH), ein Gericht der Vereinten Nationen, das bereits eine Eilentscheidung zum Krieg in der Ukraine getroffen hat. Ein Staat verklagt bei diesem Gerichtshof einen anderen Staat wegen möglicher Verstöße gegen das Völkerrecht. Auf Antrag der Ukraine haben die Richter Mitte März in einer Eilentscheidung Russland dazu verpflichtet, die militärische Gewalt in der Ukraine unverzüglich einzustellen. Russland muss zudem sicherstellen, dass sämtliche Separatist:innen unter ihrer Kontrolle die militärische Operation nicht weiter unterstützen. Der IGH hat es zudem sowohl der Ukraine als auch Russland untersagt, Handlungen zu unternehmen, die den Konflikt verschlimmern. Das Urteil hat zwar bindende Wirkung, das Gericht kann Moskau jedoch nicht zur Umsetzung zwingen. Trotz allem ist die internationale Signalwirkung dieses Urteils nicht zu unterschätzen.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Ermittlungen zu Verbrechen in der Ukraine aufgenommen hat. Dieses Gericht verhandelt Akte des Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen oder andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, die einzelnen Personen zur Last gelegt werden.

Es gebe „eine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine begangen wurden“, erklärte der Internationale Gerichtshof. Die Untersuchung solle sich auf mögliche Verbrechen aller Parteien in dem seit Jahren andauernden Konflikt richten.

Das Völkerrecht war vielleicht früher eine eher akademische Disziplin, aber werden wir uns bewusst, am Völkerrecht kommt heute niemand mehr vorbei.

Es ist schon bezeichnend, dass Kritik am Völkerrecht von jenen kommt die hier etwas zu befürchten haben, nie von den Opfern.

Für die Friedensbewegung muss klar sein, die Verantwortlichen für begangene Gräueltaten müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Solche Taten dürfen nie straflos bleiben. Auch wenn die Strafverfolgung sich als schwierig erweisen wird, Russland kennt den Internationalen Strafgerichtshof nicht an. Putin unterzeichnete zudem ein Gesetz das ehemaligen russischen Präsidenten und deren Familienmitglieder lebenslange Immunität vor Strafverfolgung sichert. Mal abwarten, wie sich dies alles entwickelt. Man sollte sich nie zu sicher sein.

Wir stehen zum Völkerrecht.

Nein zum Krieg in der Ukraine und anderswo.

Gegen sinnlose horrende Aufrüstung.

Diplomatie statt Waffen.

Für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur.