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Klimapakt, 2000 Watt und Laudato si‘.

Dieser Tage verabschiedete der Echternacher Gemeinderat das Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung und einen ersten Maßnahmenkatalog im Rahmen der Umsetzung des kommunalen Klimapaktes.

Auf Initiative der „déi gréng“-Fraktion wurde das langfristige Ziel einer 2000 Watt-Gesellschaft festgeschrieben.

Was bedeutet dieses Ziel? Wissenschaftler/Innen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben ausgerechnet wie viel Energie jeder Mensch durchschnittlich verbrauchen darf, damit wir die Klimaerwärmung begrenzen und knappe Ressourcen verantwortungsvoll nutzen. Ihr Resultat: 2000 Watt. Gemäß dieser Vision sollte der Energiebedarf jedes Erdenbewohners einer durchschnittlichen Leistung von 2000 Watt entsprechen und so zu einer globalen gerechten Ressourcenverteilung beitragen. Interessant an dieser einprägsamen Watt-Zahl 2000 ist die Tatsache, dass diese dem durchschnittlichen weltweiten Wert von 1990 entspricht. Heute liegen wir bei etwa 2200 Watt. Nur, es gibt extreme Unterschiede.

Die USA haben einen Mittelwert von 12000 Watt, die Europäer 6000 Watt, Bangladesch liegt bei 500 Watt. Deutschland, Österreich und die Schweiz leben in einer 6500-Watt-Gesellschaft. Nehmen wir mal an, Luxemburg läge in etwa bei diesem Verbrauch. Das wäre mehr als das Dreifache dessen, was uns eigentlich zusteht. Es wäre mehr als unsere Umwelt und unser Klima vertragen können.

Sollen wir also mit 2000 Watt in unseren Breitengraden zurück in die „Steinzeit“, bei Kerzenlicht Bücher lesen und die Wäsche wieder von Hand waschen? Professor Peter Hennicke ist einer der profiliertesten Experten für Energieeffizienz lässt dies nicht gelten. 2000 Watt für alle Erdenbürger wäre zukünftig für neun Milliarden Menschen auf der Erde eine naturverträgliche und verteilungsgerechte Rückkehr zum derzeitigen globalen Durchschnitt, so Hennicke. Er rechnet vor, dass modernste Technik zukünftig eine sehr hohe Reduktion des Energie- und Materialverbrauchs in Industriestaaten ermöglicht. Allein durch diese Reduktion würde im globalen Süden der Spielraum für den unabdingbaren Nachholbedarf in diesen Ländern geschaffen.

Bleibt die Frage unseres ungehemmten Konsumwahns. Modernste Technik hilft bei Einsparungen, wird aber in den Industriestaaten zu einem höheren Konsum verleiten. Somit wäre der Effizienz-Effekt verpufft.

Hier stellt sich nun die Frage der Suffizienz, also des Genug. Es stellt sich die Frage was ein Mensch eigentlich zu einem guten Leben braucht.

Die rezente Enzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franziskus (http://w2.vatican.va/content/vatican/de.html) gibt mehr als deutliche Antworten. Der Papst ruft die Welt zu einer ökologischen Revolution auf. Es ist ein Aufruf an jeden Einzelnen, an die Politik und die Wirtschaft. Die Frage, in welcher Welt unsere Kinder später einmal leben sollen, liegt besonders in der Verantwortung unserer Generation. „Laudato si‘“ ruft zu einem neuen Lifestyle der Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit auf. Der Papst hat in seiner ersten eigenen Enzyklika Umweltzerstörung, Klimawandel und Konsumrausch angeprangert. Franziskus sieht vor allem reiche Länder in der Pflicht, ihren Lebensstil zu verändern. „Wir leben auf Kosten anderer Menschen und das (…) muss verändert werden“. Eine klare Botschaft.

Klimapakt, 2000 Watt und Laudato si‘ sind eng vernetzt. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Vernetzung eine neue Dynamik besonders auf kommunalem Niveau beim Schaffen eines besseren und gerechteren Lebens bringen kann.

Innovative Wege sind möglich. 10 Städte haben sich in der Bodenseeregion zu einer Initiative „Wir leben 2000 Watt“ (www.wirleben2000watt.com) zusammengeschlossen. Mit ganz konkreten Maßnahmen in den Bereichen Ernährung, Konsum, Wohnen und Mobilität zeigen sie, wie eigentlich jeder sich auf den Weg einer 2000 Watt-Gesellschaft begeben kann.

Machen auch wir uns auf den Weg!

Raymond Becker

Gemeiderat der „déi gréng“ in Echternach

Leicht gekürzte Version im Journal vom 25.6.2015

Stadmarketing Echternach

E Gespréich als Invité vun der Redaktioun bei RTL den 30. September 2014

http://radio.rtl.lu/emissiounen/den-invite-vun-der-rtl-redaktioun/570945.html

Gestalten ist mehr als bloßes Verwalten!

Vom Klimapakt und Klimabündnis in Echternach.

Mit der Sommerlektüre ist es ja immer so eine Sache. Durch Zufall fällt man auf einen Kommissar Dupin, der in der Bretagne ermittelt und plötzlich erinnert man sich an einen Politiker mit bretonischen Wurzeln, der als Bürgermeister von Saint-Denis eine Kommunalpolitik prägte, deren Angehensweise interessant und aktuell bleibt. Für Patrick Braouezec spielten in seinem kommunalen Schaffen die soziale Umgestaltung, die Einführung partizipativer Prozesse, die Solidarität mit anderen eine wesentliche Rolle.

In seinen Gesprächen mit dem Journalisten Bernard Loche findet man ein Zitat des französischen Kardinals Richelieu: „La politique n’est pas l’art du possible, mais de rendre possible ce qui est nécessaire.“ Dies trifft den Kern der Kommunalpolitik sehr gut.

Die wunderbaren Möglichkeiten, die einem von Braouezec vermittelt werden, die vielen interessanten Initiativen, die man gerade auf kommunaler Ebene ergreifen kann, die einem dabei in den Sinn kommen, lassen einen nicht mehr los und erinnern gleichzeitig an die frustrierende Ohnmacht, die das Los eines kommunalen Oppositionspolitikers ausmacht. Dem Oppositionspolitiker bleibt das Gestalten verwehrt. Leider.

„Gestalten ist mehr als bloßes Verwalten – de rendre possible ce qui est nécessaire“, eine Vorstellung von Politik, die in Echternach so dringend gebraucht und so wenig gelebt wird.

Fallbeispiel Klimapakt und Klimabündnis.

Der Klimapakt ist eine Vereinbarung zwischen dem Staat und den Gemeinden, die gemeinsam dem Klimawandel entgegenwirken wollen. Im Februar 2013 unterzeichnete der CSV-LSAP Schöffenrat aus Echternach das Abkommen. Es sieht vor, dass eine Gemeinde sich dazu engagiert, konkrete Initiativen im Interesse des Klimaschutzes zu ergreifen, was vom Staat finanziell großzügig unterstützt wird. Tut die Gemeinde dies mit Erfolg, wird sie als innovative Gemeinde ausgezeichnet.

18 Monate später sieht das Resultat der Umsetzung in Echternach mehr als dürftig aus. Während andere Gemeinden des Landes sich durch mannigfaltige Initiativen in den Bereichen Energie oder Mobilität auszeichnen und im Rahmen des Klimapaktes zertifiziert werden, ist Echternach von einer solchen Auszeichnung meilenweit entfernt.

Es ist in diesem Zusammenhang auch schwer nachvollziehbar, warum die politisch Verantwortlichen einen Beitritt zum Klimabündnis ablehnen. Es handelt sich hierbei um das größte europäische kommunale Netzwerk in Sachen Klimaschutz. Allein hierzulande sind 37 Gemeinden Mitglied.

Jede Gemeinde arbeitet autonom, profitiert jedoch von den Erfahrungen der anderen Mitglieder in Luxemburg und in Europa. Sehr wichtig ist auch der Grundgedanke, dass globales Denken und lokales Handeln zusammengehören.

Es liegt auf der Hand, dass der Beitritt Echternachs zum Klimabündnis der Umsetzung des Klimapaktes mehr als förderlich wäre.

« Rendre possible ce qui est nécessaire », davon ist Echternach weit entfernt.

Spätestens in 38 Monaten könnten die Bürger dies ändern. Was nicht ist, kann ja noch werden.

(Journal 5.9.2014)

Endlich Stadtmarketing wagen!

Ein Gespräch geführt von Henning Reimers mit dem Präsidenten des Echternacher Tourist Office Raymond Becker im November 2013.

Im Vorfeld haben sie angedeutet, dass es ihnen sehr am Herzen liegt, das Thema Stadtmarketing in den Mittelpunkt unseres Gespräches zu stellen. Warum?

Ich glaube, dass es heute eine der wichtigsten Herausforderungen auf kommunaler Ebene ist, für attraktive Innenstädte zu sorgen. Dies gilt auch für Echternach. Das Städtchen ist es seiner reichen Geschichte einfach nur schuldig, diese Herausforderung anzunehmen. Hierbei spielt ein gut koordiniertes Stadtmarketing eine wesentliche Rolle. Ich habe ja ganz bewusst auf der letzten Jahrestagung der UCAE dieses Thema angesprochen.

Stadtmarketing wird oft als leere Worthülse abgetan ….

…. wenn man es oberflächlich angeht ja. Ich habe mich etwas genauer für die Vorgehensweise des Städtchens Erdingen bei München interessiert. Die Verantwortlichen haben Stadtmarketing in Bezug auf ihre Stadt ganz klar definiert als die Koordination der Bereiche Standort-, Tourismus- und Citymarketing. Standortmarketing umfasst das Gemeindegebiet als Wirtschafts- und Investitionsstandort. Tourismusmarketing verfolgt das Ziel, die Verweildauer und die Zahl der Übernachtungen der Besucher zu steigern. Citymarketing schließlich verfolgt das Ziel, die Anziehungskraft und Attraktivität des Ortszentrums zu optimieren. Diese Definition passt wunderbar auf Echternach.

Von der Theorie her klingt es einleuchtend, aber von einer Theorie zur Praxis ist oft ein weiter und beschwerlicher Weg.

Wenn man immer nur unüberwindbare Berge vor sich sieht, kommt man mit Sicherheit nicht ans Ziel oder man nimmt den Berg als Vorwand, nichts zu tun. Der Weg zu einem erfolgreichen Stadtmarketing kann relativ kurz und ungemein spannend sein. Ich vergleiche Projekte, mit denen man etwas umgestalten und bewegen will immer mit einem Dampfzug: Es bedarf einer Lokomotive, die den ganzen Zug in Bewegung setzt. Die Fahrtrichtung des Zuges muss allerdings im Vorfeld klar definiert werden. Dafür braucht man ein Leitbild, das den erstrebten Sollzustand der betroffenen Kommune, in unserem Falle Echternachs, beschreibt. Dies darf nicht im stillen Kämmerlein geschehen, sondern unter Bürgerbeteiligung. Eine Aufbruchsstimmung schaffen, bleibt eine wichtige Aufgabe. Bürger lassen sich begeistern, wenn man sie ernst nimmt. Man braucht bei diesen Aufgaben unbedingt professionelle Begleitung. Wir wollen dies in den nächsten Wochen thematisieren.

Es bleibt die Frage wer denn in Echternach die Lokomotive darstellen könnte.

Damit eine Lokomotive mitsamt den Wagons unter Volldampf fährt, bedarf es einer Reihe von Personal. So könnte man es sich in Echternach vorstellen: Gemeinde, Tourist Office, Trifolion und UCAE gebündelt in einer Initiative.

Das Tourist Office betont immer wieder, dass Echternach in den 4 Jahreszeiten einen Besuch wert sein muss.

Es kann nicht sein, dass Echternach vorwiegend das Image einer reinen Touristenhochburg für die Sommermonate hat. Um dieses Image zu ändern bedarf es nicht einmal riesiger Summen im Gemeindebudget. Hier ist Initiativgeist und Kreativität gefragt. Man muss neue Wege gehen und näher zusammenrücken. Wir suchen ja als Tourist Office permanent den Kontakt zu potentiellen Partnern. Wir freuen uns über die gute Zusammenarbeit mit dem Geschäftsverband, aber auch das Trifolion, das internationale Festival, die Musikschule, die Stadtmusik, das Ciné Sura sind Partner geworden. Mit diversen Projekten wie beispielsweide dem „Urban Jazz“ können wir alle gemeinsam zu einer guten Entwicklung Echternachs beitragen.

Sieht man sich den Veranstaltungskalender für Dezember unter www.echternach.tv an, so sieht man, dass die Rollläden nicht runtergehen und die Bürgersteige nicht aufgeklappt werden. Echternach ist auch im Dezember attraktiv. Wir haben unseren schönen Weihnachtsmarkt am 3. Advent, die „klingende und singende Basilika“ am 22. Dezember. Das Trifolion bietet anspruchsvolle Konzerte, das Ciné Sura ein abwechslungsreiches Programm. Die Echternacher Geschäfte sind gerade zur Weihnachtszeit eine interessante Adresse. Echternach hat Potential.

Ein Wunsch für Echternach kurz und knapp.

Andreas Reiter ist ein sehr profunder Zukunftsforscher aus Wien. Er ist der Meinung, dass die Zukunft den lebenswerten Städten gehört, die einen „Feel-Good-Faktor“ haben und diesen auch vermitteln. Es geht darum, nicht austauschbar mit anderen Städten und Gemeinden zu sein, etwas Besonderes zu bieten. Diese Zukunft wünsche ich mir für Echternach.

Veröffentlicht in der Dezember-Ausgabe 2013 des Echternacher Geschäftsverbandes UCAE

Radio Aktiv Echternach huet de Raymond Becker de 14. Oktober no senger Aschätzung vun de Gemengwahle gefrot.