Ein Jubiläum in Zeiten akuter Herausforderungen.

50 Joer Ambitus

Et wuar eng flott an engagéiert Zesummenaarbecht am Organisatiounscomité.

Et ass awer och schonn eng Éier an derJubiläumsbrochüre e Beitrag däerfen ze verëffentlechen.

Ad multos annos Ambitus

Wohl niemand hatte sich bei den Vorbereitungstreffen zum anstehenden 50jährigen Jubiläum von AMBITUS im Jahre 2020, die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft vorstellen können.

Die Geschehnisse haben bewirkt, dass das Jubiläumsjahr zu Jubiläumsjahren wurde. Es kam knüppelhart während diesen zwei Jahren.

Covid-19 Pandemie, Klimawandel und Krieg in Europa, härter hätte es die Feierlichkeiten kaum treffen können.

Ich habe AMBITUS vor 10 Jahren kennen und schätzen gelernt. Immer nach musikalischen Herausforderungen suchend und nicht scheuend sich gesellschaftspolitischen Themen zu stellen. Das gemeinsame Konzert „Misa Criolla“ mit dem argentinischen Vokalensemble Opus Quatro oder die bewegende Teilnahme anlässlich der Gedenkveranstaltungen „Judeum Epternacum“ seien als Beispiele genannt.

Die Auswahl der Aufführungsstücke zum Jubiläumsbeginn und das Abschlusskonzert mag dem Zufall geschuldet sein, aber sie passen zu meinen Einschätzungen zu diesem Vokalchor.

„Canto General“ und „Die Schöpfung“ aktueller kann man in der heutigen Zeit voller Herausforderungen kaum sein.

Der „Canto General“ (Der große Gesang), ist ein Oratorium, eine erzählende-dramatische Komposition, des griechischen Komponisten Mikis Theodorakis auf Texte aus dem gleichnamigen Gedichtzyklus des chilenischen Dichters Pablo Neruda, sein Liebesbeweis an Lateinamerika. Es ist eines der erfolgreichsten musikalischen Werke des 20. Jahrhunderts. Die Uraufführung des gesamten Werkes erfolgte 1981.
Das Oratorium, verbindet auf einzigartige Weise künstlerische Gestaltungskraft, aus Dichtung und Musik, mit einer tief berührenden und inspirierenden Parteinahme gegen Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen, Völker und Natur.
Themen wie Biodiversität, Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz, Frieden und Demokratie werden in diesem Oratorium durch die engagierten Gedichte Nerudas und der kraftvollen Musik Theodorakis zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Joseph Haydn schuf mit seinem Librettisten Gottfried van Swieten mit der „Die Schöpfung“ ein bahnbrechendes Oratorium. Eigentlich bleibt die geniale, einfallsreiche Musik Haydn’s für dieses Oratorium unübertroffen. „Die Schöpfung“ ist ein religiöses Werk, doch erstmalig ganz klar ein der Welt zugewandtes. Die damalige Zeit der Aufklärung hat eindeutig diesem Werk seinen unnachahmlichen Stempel aufgedrückt. Dies war durch die Texte van Swieten’s dessen Werk.

Das Oratorium thematisiert die Erschaffung der Welt. Haydn und van Swieten schafften es Gottes Schöpfung mit diesem Werk eine der Welt zugewandte ungehemmte Lebensfreude zu vermitteln. Ganz im Sinne der Aufklärung gehört die neue Zeit allein der Ordnung und Vernunft. Die Grundtendenz folgte so einer neuen Richtung von Schöpfungsgedichten, die sich nicht mehr für Erbsünde und Erlösung, sondern für die Erhabenheit, Schönheit und Zweckmäßigkeit der Schöpfung interessiert. Die biblischen Vorstellungen vom Kosmos, von Fauna und Flora wurden nach Erkenntnissen der damaligen Wissenschaft beleuchtet. Auch so wurde „Die Schöpfung“ eine musikalische Auseinandersetzung mit der Natur.

Das Werk wurde 1798 in Wien uraufgeführt. Es hatte einen überragenden Erfolg nicht zuletzt wegen seines aufgeklärten Menschenbildes.

„Canto General“ und „Die Schöpfung“, beide Werke vermitteln detailverliebt die Schönheit und die Vielfalt der Fauna und Flora, sowie das herrliche Umfeld der gesamten Natur. Eigentlich der Himmel auf Erden, falls die Menschheit sich als Teil dieses gesamten Umfeldes sehen würde. Die beiden Oratorien zeigen aber auch wie sich die Zeiten in über 220 Jahren gewandelt haben. Der Wandel zeigt sich besonders rasant seit Ende der 70ger Jahre.

„Macht Euch die Erde untertan“, es gibt wenige Sätze der Bibel, die heute so angefeindet und abgelehnt werden wie der berühmte Vers 28 des 1. Kapitels des vor über 2.500 Jahren festgelegten Textes der Genesis. Dies hatte aber in seinem gesamten Kontext rein gar nichts mit einer Aufforderung zur Plünderung des Planeten zu tun. Ist es nicht eher so, dass wir in unserer rein konsumorientierten Lebensweise uns so manches aus alten Texten passend zurechtlegen?

Wir Menschen sind es, welche die in den Oratorien beschriebene Vielfalt der Arten, die Schönheit der Fauna und die Lebensgrundlagen für ein gutes Leben zerstören. Wir haben den Aufruf der beiden Oratorien nicht ernst genommen, wir haben die hier enthaltene Aufforderung zur Schöpfungsbewahrung und zum Schutz unseres natürlichen Lebensumfeldes verdrängt, wir haben den Aufruf zu Freiheit, Menschlichkeit und Frieden nicht beachtet.

Mit dem Klimawandel, dem Artensterben und dem Verlust der Biodiversität rächt sich die jahrhundertelange Ausbeutung unserer Erde in katastrophaler Weise. Mahatma Gandhi brachte es auf den Punkt: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“

AMBITUS hat uns während den 50jährigen Feierlichkeiten mit diesen beiden Oratorien, mit der Kraft der Musik und ihrer Texte, auf dringende Probleme der Menschheit hingewiesen.

In Zeiten des Klimawandels behält die Aussage der ehemaligen Klimachefin der Vereinten Nationen, Christina Figueres, der Architektin des Pariser Klimaabkommens von 2015, ihre volle Gültigkeit: „Vom Kampf um Unabhängigkeit in Indien bis zur Bürgerrechtsbewegung in den USA hat sich ziviler Ungehorsam immer erhoben, wenn eine herrschende Ungerechtigkeit unerträglich wurde, so wie wir es jetzt beim Klimawandel sehen.“

Kunst und Kultur spielten für das Bewusstwerden in der Gesellschaft immer eine Rolle.

Aufgrund heutiger menschheitsüberlebender Fragestellungen müssen wir uns im Sinne der Botschaften aus der „Die Schöpfung“ und dem „Canto General“ für ein gutes Leben auch für unsere nachfolgenden Generationen engagieren.

Raymond Becker